Erstellt von Heike Kühn, Constance Adlung | |   Expert*innen-Interview

Das Startup Hub der BHT unterstützt bei der Existenzgründung. Die Leiterin, Elli Strauven-Dejean, erklärt uns im Interview die Angebote des Startup Hub, die verschiedenen Unterstützungsprogramme und wie man ein Stipendium bekommen kann.

Elli Strauven-Dejean ist in Berlin geboren und hat Theater- und Veranstaltungstechnik studiert. Nach einer Station in den USA kam sie wieder zurück in die Hauptstadt. Heute ist sie die Leiterin des Referats Technologietransfer an der Berliner Hochschule für Technik (BHT). Damit ist sie auch Leiterin des Startup Hub, das Interessierte bei Existenzgründungen unterstützt. Wir haben mit ihr über die Förderungsmöglichkeiten gesprochen und gefragt, was man für eine erfolgreiche Gründungsidee mitbringen muss.

Das Startup Hub hat verschiedene Angebote. Welche denn? Was ist die Zielgruppe des Startup Hub?

Unser Auftrag sind Sensibilisierung und Qualifizierung für das Thema Gründung als Karriereperspektive. Und dies für Studierende, Alumni und andere Interessierte. Das geht los mit einer Beratung, die wir aktuell nicht vor Ort machen, sondern telefonisch. Eigentlich gibt es einmal die Woche eine Sprechstunde im Haus Bauwesen, zu der man einfach hinkommen kann. Im Moment natürlich nicht, wegen des Corona-Virus. Zu uns kommen Studierende, Alumni, aber auch Menschen von außerhalb der Hochschule. Wir bieten Seminare und Workshops zu Gründungsthemen an, die für alle offen sind. Zudem sind alle unsere Angebote kostenfrei. Die meisten interessieren sich für unsere Stipendienprogramme, durch die man Finanzierungen erhalten kann.

Können Sie uns Beispiele für die Inhalte der Workshops und Seminare nennen?

Wir haben wechselnde Themen, versuchen aber, jeweils alles Wichtige unterzubringen – von „Wie finde ich eine Geschäftsidee?“ bis hin zu „Wie kann man gründen?“. Es gibt Veranstaltungen zu den Basics: Design Thinking, Business Model Canvas und Finanzplanung sowie Rechtsformen. Da die Zeit meist auf zwei Stunden begrenzt ist, kann man hier nur eine Einführung bieten. Wir organisieren auch spezielle Veranstaltungen für Gründerinnen, also Female Founders. Zum anderen bieten wir in den Semesterferien ein Bootcamp an. Da soll man in zehn Tagen grob alles lernen, was man für die Gründung braucht. Natürlich benötigt man danach noch Coaching, aber das ist der erste Schritt. Unsere Angebote sind offen für alle und werden gut angenommen. Wir unterstützen auch auf dem Weg zu Stipendienanträgen. Über unsere aktuellen Veranstaltungen kann man sich auf unserer Webseite informieren.

Mit wem arbeiten Sie denn in Berlin zusammen?

Wir sind eng vernetzt mit den zwei anderen großen Fachhochschulen: HTW Berlin und HWR Berlin aber auch mit den anderen Hochschulen. Vom Berliner Senat gibt es die Startup Unit von Berlin Partner. Dort findet man auch Anbieter, die nicht an Hochschulen angebunden sind.
Unsere Coaches sind außerdem sehr gut in der Startup-Szene in Berlin vernetzt, also mit allen möglichen Inkubatoren- und Acceleratoren-Programmen. Dazu gehören z.B. auch solche mit Fokus auf grüne Startups oder Klimawandel. 
[Info! Inkubatoren- und Acceleratoren-Programme: Diese Programme unterstützen Startups und junge Unternehmen. Inkubatoren (von Engl. „to incubate“ = ausbrüten) fokussieren sich dabei auf die Weiterentwicklung der Gründungsidee. Acceleratoren-Programme (von Engl. „to accelerate“ = beschleunigen) helfen dagegen bestehenden Geschäftsmodellen zu schnellerem Wachstum.]

Wie kann ich an einem offenen Bootcamp oder individuellem Coaching teilnehmen?

Eigentlich muss man nur anrufen oder eine E-Mail an gruenden(at)bht-berlin.de schreiben. Unsere Gründungsberatungen werden auch auf Englisch angeboten. So muss keiner Angst haben, nicht alles zu verstehen. Wir raten Gründungs-Teams dennoch dazu, eine Person dabeizuhaben, die gut Deutsch spricht.

Gibt es bestimmte Deadlines, die man sich merken muss?

Die Bootcamps liegen normalerweise in den Semesterferien. Die Anmeldung dafür ist also vor den Semesterferien. Ab Semesterbeginn kann man die Seminare einsehen, die wir anbieten. Wenn man früher mit der Anmeldung dran ist, hat man gute Chancen auf einen Platz. Deadlines gibt es für unsere Stipendienprogramme. Für das Berliner Startup Stipendium sind das der 10. April oder der 10. Oktober.


Muss man für diese Stipendien schon etwas mitbringen? Zum Beispiel eine Idee mit einer bestimmten Detailtiefe?

Wir haben zwei verschiedene Stipendienprogramme: Ein Landesprogramm, das Berliner Startup Stipendium. Und ein Bundesprogramm, das EXIST-Gründerstipendium. Die Bedingungen sind unterschiedlich. Bei dem Landesprogramm muss man einen Wohnsitz in Berlin haben, beim Bundesprogramm aber nicht. Grundsätzlich sind die Stipendien für Hochschulabsolvent*innen gedacht. Zu den genauen Voraussetzungen beraten wir auch. Die Gründungsidee muss innovativ und technologie- bzw. wissenschaftsorientiert sein. Dann muss man für beide Stipendien ein Ideenpapier schreiben, in dem schon viele Infos stehen: Das Problem, die Lösung, die Innovation, das Team, der Wettbewerb, die Markteintrittsstrategie, das Geschäftsmodell, die Finanzplanung. Dafür gibt es eine festgelegte Struktur, die man auf der Webseite finden kann. Beim Berliner Startup Stipendium muss man acht Seiten schreiben. Beim EXIST-Gründerstipendium sogar 25 Seiten. Und diese Anträge müssen auf Deutsch ausgefüllt werden. Letzteres ist aufwändiger, dafür kann man aber auch mehr Geld bekommen. Die Stipendien sind dazu gedacht, den Lebensunterhalt zu finanzieren, während man seine Gründungsidee entwickelt. Man muss das Geld übrigens auch nicht zurückzahlen, sollte es mit der Gründung nicht klappen.

Sind die beiden Stipendienprogramme auf eine bestimmte Zeit limitiert?

Die Stipendien gehen maximal ein Jahr. Das Berliner Startup Stipendium ist quasi ein Wettbewerb, daher auch die Deadlines. Wir haben ein bestimmtes Kontingent, wie viele Teams wir aufnehmen dürfen. Die Bewerber*innen, die mit Ideenpapier und im Pitch am überzeugendsten sind, bekommen dann die Förderung. Beim EXIST-Gründerstipendium kann man sich laufend bewerben, da gibt es das Kontingent nicht, allerdings muss man hier eine externe Begutachtung bestehen.

Es ist bestimmt hilfreich, vorher die Seminare und individuellen Coachings besucht zu haben. Auch, um einen guten Business-Plan abgeben zu können und die Pitches erfolgreich zu durchlaufen?

Genau. Beim EXIST-Gründerstipendium geht es gar nicht ohne. Denn die Hochschule bewirbt sich für das Stipendium, nicht die Bewerber*innen. Beim Berliner Startup Stipendium würde ich das auch empfehlen. Bei allen Stipendien braucht man aber eine*n Mentor*in von der Berliner Hochschule für Technik. Das ist ein*e Professor*in aus dem Fachgebiet, das mit der Gründungsidee am meisten zu tun hat. Wo man sich dann ansiedeln möchte, muss man sich also vorher überlegen.

Welche Erfahrungen und Kompetenzen sollte man mitbringen, um ein*e erfolgreiche*r Unternehmer*in zu werden?

Am wichtigsten ist die Motivation. Man muss sich vorstellen können, selbstständig zu arbeiten. Dazu gehört auch, dass man nicht so viel Sicherheit, wie als Angestellter, hat. Außerdem braucht man auf jeden Fall Kreativität und Durchhaltevermögen. Es gibt immer Rückschläge, da muss man sich von Anfang an drauf einstellen. Und in den meisten Fällen braucht man auch eine gewisse Kundenorientierung, also Kommunikationsfähigkeit. Weil wir im Hochschulprogramm sind, ist bei uns der fachliche Hintergrund besonders wichtig. Wir sind für wissenschaftsbasierte Gründungen aller Art und aller Fachbereiche Ansprechpartner.

Wie leicht oder schwer ist es aus Ihrer Perspektive, ein Unternehmen oder Startup in Deutschland zu gründen? Gibt es Einschränkungen, auch rechtlicher Natur? Welche Voraussetzungen braucht man denn, um ein Unternehmen oder Geschäft oder Startup anzumelden?

Ich fange mit den Basics für die Zielgruppe an: Man braucht einen Aufenthaltsstatus, der Selbstständigkeit erlaubt. Oder man muss diesen zumindest in Aussicht haben. Es gibt auch den Fall, dass Menschen über das Stipendium Aufenthalt bekommen. Wichtig ist auch unternehmerisches Verständnis – sagen wir, bei einem Team von drei Personen sollte das mindestens eine*r haben. Sonst finde ich: Jede*r, die/der sich das vorstellen kann, kann es auch versuchen. Man muss sich auf sehr viel Arbeit einstellen. Vor allem am Anfang ist es sehr viel mehr Arbeit als im Angestelltenverhältnis. Und man muss mit Problemen kreativ umgehen können.
Durch die Pandemie gab es eine Weile kaum noch Investoren für Startups. Alle waren vorsichtig. Und für die Kunden waren andere Dinge wichtig. Trotzdem haben es unsere Gründungsteams aus dem letzten Jahr alle geschafft, was uns sehr stolz macht.

Bei bestimmten Bereichen muss man z.B. den Ingenieurstitel anerkannt haben, um ein Unternehmen hier eintragen zu lassen. Gibt es da bei Startups mehr Möglichkeiten?

Für ein Startup braucht man nicht unbedingt einen anerkannten Hochschulabschluss. Man kann auch ein Unternehmen gründen ohne ein Stipendium. Für das Stipendium braucht man aber den Abschluss. Das muss jedoch nicht unbedingt ein Ingenieursabschluss sein. Eine Zeugnisbewertung von der Kultusministerkonferenz ist ein Beispiel. Je nach Herkunftsland kann man das umgehen und sich über Anabin (Infoportal zu ausländischen Bildungsabschlüssen) schlau machen. Aber bei vielen Ländern ist das nicht so einfach. Dafür gibt es aber Anerkennungsberatungen.

Die Unterstützung, wo man sich wie anmelden muss, geben die Mentor*innen? Man muss sein Unternehmen ins Handelsregister eintragen lassen etc.

Die Stipendien sind Vor-Gründungsstipendien. Das heißt, sie zahlen zumeist auch eine kleine Rechtsberatung. Die Gründungskosten und alles andere sind über das Stipendium nicht direkt finanzierbar. Trotzdem kann man auch schon während des Stipendiums gründen. Eine Beratung zu diesem Thema kann man auf jeden Fall im Stipendienprogramm bekommen. Für diesen Schritt gibt es aber auch zahlreiche andere Förderungsmöglichkeiten.

Was sind die wichtigsten Stufen, die Bewerber*innen berücksichtigen sollten?

Wenn ich die Idee habe, dann sollte ich sie auf zwei Seiten beschreiben können. Wir haben dafür auch eine Vorlage, was man da so aufschreiben sollte. Man sollte auch in der Lage sein, einen kleinen Pitch – den nennt man „Elevator Pitch“ – machen zu können. In diesem erklärt man in drei bis fünf Minuten, worum es geht. Dann wäre der nächste Schritt eine Beratung zu den Stipendienprogrammen. So kann man schauen, für welches man infrage kommt. Dann folgt die Ausarbeitung der Ideenpapiere und Zusammenstellung weiterer Unterlagen. Das kann unterschiedlich lange dauern. Je nachdem, wie kompliziert die Lage ist oder wie gut das Team im Formulieren ist. Dann kommt die Bewerbung und dann klappt es oder eben nicht. Wenn man erfolgreich gegründet hat, sind die ersten drei bis fünf Jahre besonders entscheidend.

Das BeuthBonus+-Team bedankt sich für Ihre interessanten Informationen und Kontaktmöglichkeiten zum Thema Startups. Wir hoffen damit vielen Interessierten einen Überblick und Hilfe für den ersten Schritt zur Gründung geben zu können.

Copyright: E. Strauven-Dejean