Erstellt von Karina Savio, Heike Kühn | |   Erfolgsgeschichte

Der Ingenieurwissenschaftler aus Marokko hat ein MBA in Budapest absolviert. Mit seiner unternehmerischen Herangehensweise hat er stets versucht, sich weiter zu entwickeln und mehr Verantwortung zu übernehmen. Mit der Hilfe von BeuthBonus+ und dem Beuth Startup Hub hatte er einen erfolgreichen Neuanfang in Berlin.

 

Könnten Sie uns ein bisschen über Ihren akademischen und beruflichen Hintergrund erzählen?

In Marokko habe ich ein Bachelorstudium in Ingenieurökonomie in der Textilbranche abgeschlossen. Seitdem habe ich Erfahrungen in verschiedenen Bereichen gesammelt: Haushaltgeräte, Lebensmittel und Software/Gaming. Ich war meistens für Vertrieb & Marketing verantwortlich und habe als Produktmanager gearbeitet. Ich habe auch eine Kundenservice-Abteilung gegründet. Das war ein wichtiger Moment in meinem beruflichen Leben. Davor hatte ich noch nie die Verantwortung für die Leitung eines Teams. Am Ende waren in meinem Team zehn Personen. Gemeinsam haben wir an vielen interessanten Projekten gearbeitet.

Ich versuchte immer mehr zu machen als mein Verantwortungsbereich umfasste. Ich kann schnell lernen und mir selbst neue Ziele setzen. Das ist mein Leitmotiv. Ich bleibe nicht auf einer Stelle stehen. Vor diesem Hintergrund entschloss mich auch dazu, einen MBA zu machen, um noch mehr Kenntnisse zu sammeln. Ich habe mich für verschiedene Programme beworben und letztlich ein Stipendium in Ungarn bekommen, an der Corvinus University of Budapest. Es war ein Vollzeit-Programm. Dort hatte ich dann auch Gelegenheit mich selbst zu hinterfragen und darüber nachzudenken, wie ich meinen weiteren beruflichen Werdegang gestalten wollte.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, an BeuthBonus+ teilzunehmen?

Nach meinem Master wollte ich mich neu orientieren. Zum einen war es wichtig für mich, mir klar zu werden, was ich machen möchte. Zum anderen, war es mir wichtig, den deutschen Arbeitsmarkt besser zu verstehen. Also ja, Fähigkeiten habe ich, aber in welchen Bereichen wollte ich sie einbringen? Wie wollte ich dann in diesem Bereich arbeiten? Welche Anforderungen galt es zu erfüllen? Ich wusste schon, dass der Arbeitsmarkt von Land zu Land unterschiedlich ist und wollte diesbezüglich meine Stärken und Schwächen prüfen. Ich brauchte eine Positionierungsstrategie für den Arbeitsmarkt und wollte nicht nur einfach sagen: „Ich will arbeiten“. Meine Frau hat mich dann auf das BeuthBonus+-Programm aufmerksam gemacht. Im Rahmen des Programms gab es auch die Gelegenheit, die deutsche Sprache zu üben. Es war eine Herausforderung, insbesondere in Bezug auf die geschriebene Sprache.

Was war für Sie am interessantesten? Was haben Sie dort z.B. gelernt, dass Sie bis heute benutzen?

Der Kurs „Kompetenz-Bilanzierung“ war für mich wichtig. Dort lernten wir, was wir gut und noch nicht so gut können, unsere Stärken und Schwächen. Wie ich bereits gesagt habe, man muss auch eine Strategie entwickeln, weil der Arbeitsmarkt für alle ein herausforderndes Thema ist, da es viele qualifizierte Leute gibt. Das ist leider so. Man muss ein bisschen kreativ sein. Ich habe damals eine persönliche Webseite entwickelt und ein bisschen an mir gearbeitet. Das war eine gute Übung.

Sie haben auch am Beuth Startup Hub teilgenommen. Wie war Ihre Erfahrung dort?

Meine Motivation ist es, durch meine Arbeit etwas Gutes in der Welt zu bewirken. In meinem MBA waren die Schwerpunkte: Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Ich habe viel über diese Themen für meine Masterarbeit recherchiert und auch viele Workshops besucht, u.a. an der Ellen MacArthur Foundation, die eine Referenz im Bereich Nachhaltigkeit ist. Deswegen wollte ich etwas in dieser Richtung machen. Unter den angebotenen Inhalten war auch das Thema „Startups“. Mir gefiel die Beschreibung der Zusammenarbeit. Ich bin eine Person, die flache Hierarchien und Raum zur Gestaltung sehr schätzt. Ich bin flexibel und mag es an vielen Themen gleichzeitig zu arbeiten.
Ich habe dann von dem Beuth Startup Hub und dem EXIST-Gründerstipendium erfahren. Darüber habe ich zwei Kollegen kennengelernt, die jemanden gesucht haben, der BWL studiert hat und Mitbegründer sein wollte. Mein Mitbegründer hat ein Produkt im Bereich Bildung entwickelt, den Nachbau einer Windenergie-Anlage, die in Schulen und Universitäten zum Einsatz kommen kann. Ich fand das Thema sehr spannend, deswegen wollte ich mitmachen. Dann haben wir uns mit der Gründungsidee beworben.
Jetzt sind wir im Programm des Beuth Startup Hubs. Wir bekommen Unterstützung und Coaching im Rahmen eines einjährigen Stipendiums. Wir erhalten monatlich Gehalt und haben ein Budget für unser Projekt im Rahmen des EXIST-Gründerstipendiums und des Beuth Startup Hubs. Zukünftig wollen wir von mint_lab das Windlabor stärker an den Schulen zum Einsatz bringen. Damit könnten wir dazu beitragen, MINT-Themen für Schüler*innen spannender zu gestalten und einfacher zu erklären.

Sie haben einen Master of Business Administration in Ungarn absolviert. Berlin ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort und Deutschland ein Einwanderungsland. Wie waren für Sie die Erfahrungen, hier einen Job zu suchen und ein Unternehmen zu gründen und in einer sehr kompetitiven Umwelt zu sein?

Ehrlich gesagt, kompetitiv [auf Wettbewerb ausgerichtet] ist auch gut für einen selbst, weil es einen motiviert, an seinen Schwächen zu arbeiten und sich zu verbessern. Dann gilt es eine Strategie zu entwickeln. In meinem Fall konnte ich mich aufgrund folgender Überlegung positionieren: „Ok, ich habe Interesse und Fähigkeiten im Bereich Startup und Nachhaltigkeit, sowie ein Netzwerk in Afrika und Naher Osten und ich spreche vier Sprachen“. Das sind gute Fähigkeiten, die von einem Arbeitgeber nachgefragt werden könnten. Ich glaube, dass jede und jeder etwas Besonderes hat. Man muss nur seine persönliche Strategie, den Unique Selling Point, finden. Berlin ist kompetitiv, aber es ist auch ein Startup-Ort. Es ist natürlich nicht einfach, aber es gibt Chancen für Startups und das ist das Wichtigste. Die Tatsache, dass ich Marathon laufe, hilft mir sehr dabei auch in schwierigen Momenten durchzuhalten.“

Wie kamen Sie zu der Idee, eine Firma in Deutschland zu gründen? Hatten Sie immer schon Interesse an Business Development?

Ich hatte immer schon Interesse an Startups, weil sie kreativ sind und es eine gute Arbeitsatmosphäre gibt. In Marokko konnte ich an Veranstaltungen von Startups teilnehmen. Das war spannend, aber es gab kein so ausgeprägtes ökonomisches System wie in Berlin. Ich finde, dass es hier, anders als in Paris oder London, viele Startups im Bereich Nachhaltigkeit gibt. Dieser stellt für mich einen wichtigen Entwicklungssektor dar. Außerdem gibt es in Berlin viele Leute mit Fähigkeiten und Talenten aus aller Welt. Das macht Spaß und ist bereichernd, auch für eine Unternehmensgründung.

Welches sind die Förderungsmöglichkeiten für die Existenzgründung hier in Deutschland? Welche Schwierigkeiten gibt es und worin liegen die guten Gelegenheiten?

Private Investoren, Angel-Investor*innen [Business Angels unterstützen Startups nicht nur mit ihrem Geld, sondern vor allem mit ihrer Expertise] bringen auch Erfahrungen mit. Es gibt viele Unterstützungsprogramme (wie das Beuth Startup Hub), Mentoring, Wettbewerbe für Startups und finanzielle Unterstützung, wie durch das „EXIST-Stipendium“ oder „Berliner Startup Stipendium“. Oder auch Kreditmöglichkeiten, zum Beispiel der IBB Investitionsbank Berlin-Brandenburg.

Schwierigkeiten gibt es immer. Die erste Herausforderung ist, eine Lösung zu finden, mit der die Kund*innen zufrieden sind. Es gibt viele Ideen, die spannend sind. Aber die große Schwierigkeit ist, die Idee auf den Markt zu bringen. Das ist ein Prozess. Man muss viel ausprobieren: das Produkt vorstellen, Reaktionen und Feedback aufnehmen, Anpassungen vornehmen, Fehler machen – das ist nicht schlimm –, es ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Man muss offen bleiben, schnell lernen und umsetzen.

Haben Sie Tipps für Migrant*innen, die jetzt auf der Jobsuche sind und die hier ein Unternehmen gründen möchten?

Es gibt nicht nur eine Möglichkeit. Man kann viel machen. Man muss natürlich ein bisschen risikofreudig sein. Wie sagt man in Deutschland: Wer wagt, gewinnt! Mit den richtigen ökonomischen Rahmenbedingungen und einer Begleitung durch Startup-Programme, kann man ein Risiko eingehen, ohne dass es zu gefährlich ist. Es ist nicht schlimm, wenn das gesetzte Ziel nicht erreicht wird, weil man trotzdem wertvolle Erfahrungen sammelt. Es gibt viele Leute im Startup-Bereich, die haben keine „normale“ oder lineare Karriere. Es gehört auch dazu, ein bisschen zu träumen. Es gibt Ups and Downs. Man muss an sich selbst glauben und häufiger eine Bilanz ziehen, um sich zu verbessern. Motivation und Sport sind auch gut und unterstützen, um für den Wettbewerb fit zu werden und zu bleiben! Ich wünsche in diesem Sinne allen viel Glück auf ihrem Weg!

 

Das BeuthBonus+-Team bedankt sich herzlich für das schöne Interview und wünscht Ihnen viel Erfolg und Spaß mit der Gründung.

 

 

Copyright: A. Maouloudi